Forschung und Entwicklung
Eine strategische Zielsetzung der HHLA besteht darin, die Effizienz ihrer operativen Systeme und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die Entwicklung anwendungsorientierter Technologien stetig zu verbessern. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt daher auf ingenieurwissenschaftlichen und IT-orientierten Innovationsprojekten. Durch eine enge Kooperation mit technischen Hochschulen, Instituten sowie Industriepartnern und Bundesbehörden werden Verbundprojekte in Arbeitskreisen geplant, gesteuert und weiterentwickelt.
Im Geschäftsjahr 2019 konzentrierte die HHLA ihren Ressourceneinsatz und verfügbare Kapazitäten vor allem auf die Forschung im Rahmen des Förderprogramms für Innovative Hafentechnologien (IHATEC).
Containerterminal 4.0
Der Container Terminal Altenwerder (CTA) ist einer der weltweit am höchsten automatisierten Containerterminals. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2002 wird fortwährend an einer Verbesserung und Ausweitung der Automatisierung geforscht und gearbeitet. Das anfangs zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit zugrunde gelegte Paradigma der Separierung und Isolation automatisierter Arbeitsräume, die für den Zutritt von Personen gesperrt sind, hat dabei stets seine Gültigkeit behalten. Heute steht dieses Paradigma einer Ausweitung automatisierter Prozesse entgegen, weil es zwingend von Menschen zu nutzende Anlagenbereiche ausschließt. Im Rahmen des Förderprogramms IHATEC soll das Forschungsprojekt „Containerterminal 4.0 – ein Paradigmenwechsel in der Automatisierung von Containerterminals durch Interaktion statt Separierung von Mensch und Maschine“ durchgeführt werden. Das zentrale Ziel des Vorhabens ist es, für unterschiedliche am Terminal eingesetzte Containerkransysteme Lösungen für die Automatisierung in von Mensch und Maschine gemeinsam genutzten Arbeitsräumen (z. B. am Schiff oder Lkw) zu erarbeiten und prototypisch umzusetzen. Mit den hierbei gewonnenen Erfahrungen, Kenntnissen und Nachweisen sollen zugleich entscheidende Grundlagen für die Etablierung notwendiger Sicherheitsstandards geschaffen werden, welche zukünftigen Automatisierungsvorhaben einen verlässlichen Rahmen bieten.
INTERACt
HPC und die Container-Transport-Dienst GmbH (CTD) haben in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie das IHATEC-Forschungsprojekt INTERACt (Integration autonomer Lkw in Containerterminal-Betriebsabläufe) aufgelegt. Im Vorhaben wird im Rahmen einer Durchführbarkeitsstudie und einer sich daran anschließenden Lückenanalyse untersucht, inwieweit es möglich ist, autonom fahrende Lkws auf öffentlichen Straßen und gleichzeitig auf geschlossenen Terminalarealen einzusetzen, und welche technischen, operativen und rechtlichen Anforderungen sowohl an die Fahrzeuge als auch an die beteiligten Transportdienstleister und Terminals zu stellen sind. Das Ergebnis des Vorhabens wird eine Roadmap sein, die die notwendigen zukünftigen Entwicklungsschritte skizziert.
Hamburg TruckPilot
Mit dem Praxistest „Hamburg TruckPilot“ führen MAN Truck & Bus und die HHLA ein hochinnovatives Forschungs- und Erprobungsprojekt zur Entwicklung von Automatisierungslösungen im Straßentransport durch. Ziel ist es, realitätsnah die Anforderungen für den kundenspezifischen Einsatz sowie die Integration autonom fahrender Lkws in den automatischen Containerumschlagprozess zu analysieren und auf Machbarkeit zu prüfen. Die mit den entsprechenden elektronischen Automatisierungssystemen ausgestatteten Prototypen-Trucks sollen innerhalb des CTA autonom fahren können. Des Weiteren werden betriebliche, infrastrukturelle und IT-Anforderungen an eine automatisiert durchzuführende Abfertigung autonomer Lkws ermittelt und konkretisiert. Das Projekt gliedert sich in drei Phasen: Die Vorbereitungsphase, die bis Ende 2018 dauerte, diente dazu, die technischen Rahmenbedingungen zu definieren. Aktuell läuft die Testphase, die bis Juni 2020 terminiert ist. Sie umfasst die technische Entwicklung des Systems auf dem Prüfgelände von MAN in München gemäß den spezifischen Anforderungen, die sich in der Vorbereitungsphase ergeben haben. Der mehrmonatige Erprobungsbetrieb zwischen Juli und Dezember 2020 orientiert sich in seiner Ausgestaltung an den Ergebnissen der Vorbereitungs- und Testphase und wird im kundennahen Einsatz durchgeführt.
AeroInspekt
Die Lagerkrane des Containerlagers stellen das Herzstück der modernen und leistungsfähigen Containerterminals der HHLA dar. Die Kranschienen unterliegen großen Anforderungen hinsichtlich einer unveränderten Position und der exakten Spurführung. Die geomorphologische Beschaffenheit des Baugrunds im Hafen führt jedoch fortlaufend zu signifikanten Setzungen und Spuränderungen der Schienenanlage, die regelmäßig überprüft, vermessen und nachgebessert werden muss. Diese Vermessungsaktivitäten führen zu betrieblichen Störungen. Das IHATEC-Förderprojekt AeroInspekt (Automatisiertes Multirotor Vermessungs- und Inspektionssystem für die Schienensysteme von Hafenumschlagsanlagen), das die HHLA zusammen mit der Technischen Universität Braunschweig betreibt, hat zum Ziel, ein Vermessungssystem für Kranschienen in einem vollautomatisierten Containerlager mittels automatisierter Multicoptersysteme und photogrammetrischer Auswertung zu entwickeln, als Demonstrator aufzubauen und zu evaluieren. Dieses soll zu einer deutlichen Effizienzsteigerung nebst Sicherheitsoptimierung der notwendigen und bisher zeitaufwendigen Kranschienenvermessung im vollautomatisierten Containerlager führen.
BiSchi
Hafenanläufe und -umfuhren von Containern per Binnenschiff sind – vergleichbar mit denen der Feederschiffe – gekennzeichnet durch einen hohen Koordinationsaufwand, da mehrere Terminals je Hafenanlauf bedient werden. Das Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC) entwickelt seit Anfang 2019 eine neue Binnenschiffsplattform, die die besonderen Anforderungen der Binnenschiffsunternehmen aufnimmt und berücksichtigt. Die IT-Entwicklung der neuen Binnenschiffsplattform erfolgt durch die DAKOSY Datenkommunikationssystem AG. Neben dem HVCC-Kunden modal 3 Logistik GmbH sind auch die Deutsche Binnenreederei AG, die Carl Robert Eckelmann GmbH und die Walter Lauk Ewerführerei GmbH als Partner an dem Projekt beteiligt, das von der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation gefördert wird. Wesentliche Ziele sind der Abbau von Ineffizienzen innerhalb der Transportkette und die Steigerung der Verlässlichkeit der Abfertigung durch eine frühzeitige, transparente Planung aller Beteiligten: Disposition des Binnenschiffsunternehmens, Schiffsführung, Terminals und HVCC arbeiten in Echtzeit an einem Lagebild und Datensatz. Dadurch soll das Binnenschiff als leistungsstarkes und umweltfreundliches Verkehrsmittel aufgewertet und sein großes Potenzial als wesentliche Stütze im Hinterlandverkehr genutzt werden.
Hyperloop-Transportsystem
Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Forschungs- und Entwicklungsunternehmen Hyperloop Transportation Technologies (HTT) gründete die HHLA im Dezember 2018 ein Joint Venture, um die Einsatzmöglichkeiten der Hyperloop-Technologie zum Transport von Seecontainern zu prüfen. Hinter dem Hyperloop-Konzept steckt die Idee, Personen und Güter mit Hochgeschwindigkeit durch eine Röhre zu befördern. Die eingesetzten Transportkapseln sollen mithilfe von Magnetschwebetechnik in einem Tunnel, in dem ein Teilvakuum herrscht, auf bis zu 1.000 km/h beschleunigt werden. Hyperloop ergänzt somit Bahn und Lkw im Hinterlandtransport als Verkehrsträger.
Zunächst ist bis Oktober 2021 der Aufbau einer Übergabestation für Testzwecke am CTA sowie die Entwicklung einer Transportkapsel für Standardseecontainer samt Teil einer Hyperloop-Röhre geplant. Das Vorführmodell soll den Abfertigungsprozess in einem Hyperport veranschaulichen und u. a. die Integration mit autonomen Fahrzeugen exemplifizieren.
ZETT
Ein anderes von CTA im Rahmen des Förderprogramms IHATEC durchgeführtes Projekt befasst sich mit dem Zero-Emission-Terminal-Tractor (ZETT). Der Transport von Containern innerhalb des Hafens bzw. eines Terminals oder Logistikzentrums erfolgt zumeist mit dieselbetriebenen Zugmaschinen (auch Terminal Tractor genannt). Um Abgas- und Lärmemissionen zu vermindern, gibt es Bedarf für alternative Antriebe. Bisher gibt es keine alternative Antriebstechnologie für diese Zugmaschinen, die die erforderliche technische Reife für einen industriellen Einsatz aufweist und wirtschaftlich betrieben werden kann. Das Hauptziel dieses Vorhabens ist es, eine Systemlösung für den batterie-elektrischen innerbetrieblichen Transport zu entwickeln, mit der die Umweltvorteile mittelfristig zu wirtschaftlichen Konditionen erzielt werden können. Sowohl Fahrzeug als auch Ladetechnologie sollen so konzipiert sein, dass ein sehr breites Anwendungsspektrum abgedeckt werden kann. Die sich daraus ergebenden Skaleneffekte unterstützen das Ziel, einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen. Durchgeführt wird das Projekt hauptsächlich in Zusammenarbeit mit der KONECRANES GmbH, dem Institut für Kraftfahrzeuge der Universität Aachen und der BMZ GmbH.
FRESH
Der Nutzung verbraucherseitiger Flexibilität im Energiebedarf wird ein wichtiger Beitrag zum Gelingen der Energiewende zugesprochen. Das Projekt FRESH (Flexibilitätsmanagement und Regelenergiebereitstellung von Schwerlastfahrzeugen im Hafen, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) stellt eine Verbindung zwischen einer elektrisch betriebenen Nutzfahrzeugflotte mit dem Energiemarkt in der Praxis her und erschließt so das Flexibilitätspotenzial. Am CTA erfolgt der Transport zwischen den Kaikranen und den Blocklagern vollständig automatisiert mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (Automated Guided Vehicles, kurz: AGVs). Die komplette Flotte dieser Schwerlastfahrzeuge wird derzeit auf Fahrzeuge mit batterie-elektrischem Antriebsstrang mit Lithium-Ionen-Batterietechnik und Energieversorgung über vollautomatische Ladestationen umgestellt. Im Durchschnitt verbringt ein AGV allerdings etwa ein Drittel seiner Einsatzzeit in einer Warteposition. In dieser Zeit ist es möglich, Ladevorgänge zu verschieben, zu unterbrechen oder die Ladeleistung zu variieren bzw. sogar Strom ins Netz zurückzuspeisen. Die Herausforderung besteht darin, die demnächst geforderten Transportleistungen der Fahrzeuge kontinuierlich zu prognostizieren und mögliche Batteriekapazitäten und Zuweisungen von Ladestationen zu Fahrzeugen zu planen, um damit eine Grundlage für die optimierte Nutzung der verfügbaren Flexibilität zu schaffen.
HITS-Moni
In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Informatik der Universität Hamburg und DAKOSY führt die HHLA das IHATEC-geförderte Projekt Harbour-IT-Security-Monitoring (HITS-Moni) durch. Die Ziele des Forschungsprojekts sind die Entwicklung von hafenunternehmensspezifischen Prozessen und Maßnahmen sowie Konzepten und Regeln zur Erkennung und Abwehr von Cyberangriffen auf IT-Systeme, die Verbesserung und Erhöhung der IT-Sicherheit der Unternehmen der Hafenwirtschaft durch die unternehmensübergreifende Verknüpfung von IT-Sicherheitstools sowie die Erweiterung und Umsetzung der Automatisierung zur Verminderung der Reizüberflutung bei Mitarbeitern. Die Etablierung innovativer IT-Sicherheitskonzepte und Technologien in autonomen Systemen soll zu einer Steigerung der Produktivität und Effizienz führen, indem das Risiko möglicher Systemausfälle durch IT-Cyberattacken verringert wird.
UniPort 4.0
Hansaport hat u. a. mit der Brunsbüttel Ports GmbH das IHATEC-Projekt UniPort 4.0 aufgelegt. Die Digitalisierung im Bereich der Universalhäfen befindet sich noch in einem frühen Stadium. Die sehr häufig konventionelle Arbeitsweise und der vergleichsweise geringe Reifegrad bei Organisations- und Informationstechnologien in Universalhäfen sind ein spürbares Hindernis. Während die Digitalisierung bei den Containerhäfen durch das weltweite Wachstum von Konsumgütern und die Standardisierung durch den Container zügig voranschreitet, ist das Kerngeschäft eines Universalhafens der Umgang mit verschiedensten Stückgütern, Massengütern oder massenhaften Stückgütern. Diese stellen die Häfen vor Herausforderungen hinsichtlich der Umschlagtechnologie, in Bezug auf unterschiedliche Formen, Gewichte, Anzahl und Partiegrößen, sowie der Lagerung, der Sicherheitsbestimmungen und der benötigten Transportmodi. Die Abläufe in einem Universalhafen sind bei ständig wechselnden Gütern, Produktgrößen und -gewichten anspruchsvoll zu planen und bieten aus Digitalisierungssicht zumeist noch großes Optimierungspotenzial. Mit UniPort 4.0 soll das Thema Digitalisierung vollumfänglich auf die involvierten Häfen angewendet werden.
Künstliche Intelligenz und Machine Learning
Mit der Initiative für Künstliche Intelligenz (KI) verfolgt die HHLA drei zentrale Geschäftsziele: Neben neuen Umsatzquellen und erhöhter Kundenbindung sollen vor allem die Produktivität und der Durchsatz der Terminals gesteigert werden. Zusätzlich sieht die HHLA durch KI große Potenziale im Bereich der Steigerung von Arbeitssicherheit für die Beschäftigten.
Der erste KI-Pilot wurde 2019 erfolgreich abgeschlossen: Durch eine KI-basierte Vorhersage zur Containerabholzeit wird die Lagerproduktivität erhöht. Der Abholzeitpunkt des Containers ist ein wesentlicher Parameter zur Lageroptimierung, obgleich die Verweildauer des Containers häufig bei der Einlagerung noch nicht bekannt ist. Dieser Umstand führt mitunter zu unnötigen Umstapelbewegungen. Zur Optimierung des Blocklagers wurde ein Algorithmus zur Vorhersage der Containerverweildauer entwickelt. Er basiert auf historischen Daten, aber optimiert sich kontinuierlich durch modernste Machine-Learning-Methoden. In Zukunft sollen weitere KI-basierte Projekte umgesetzt werden, um in verschiedenen Wertschöpfungsstufen weitere Optimierungspotenziale zu heben.
Zertifizierung der Leistungsfähigkeit
Zur Dokumentation ihrer Leistungsfähigkeit führten die Containerterminals Altenwerder (CTA) und Tollerort (CTT) im Berichtsjahr erneut die Zertifizierung nach dem Standard Container Terminal Quality Indicator (CTQI) durch. Der vom Global Institute of Logistics und vom Germanischen Lloyd entwickelte Standard prüft Kriterien wie die Sicherheit, das Leistungsniveau und die Effizienz eines Terminals auf der Wasser- und der Landseite sowie dessen Anbindung an Vor- und Nachlaufsysteme. Mit der erfolgreichen Zertifizierung konnten die Terminals abermals ein hohes Leistungsniveau und die Einhaltung aller Qualitätsstandards bestätigen.
In der maritimen Logistik versteht man darunter eine Anlage für den Umschlag von Gütern auf verschiedene Verkehrsträger.
Zubringerschiff, das kleinere Mengen von Containern auf Häfen weiterverteilt. Von Hamburg aus wird vor allem die Ostseeregion mit Feedern bedient.
In der maritimen Logistik versteht man darunter eine Anlage für den Umschlag von Gütern auf verschiedene Verkehrsträger.
Ökonomisches Gesetz, das besagt, dass Produktionssteigerungen mit Verringerungen der Stückkosten einhergehen.
Bei der HHLA werden auf den Containerterminals Altenwerder und Burchardkai automatisierte Blocklager zur kompakten und effizienten Stapelung von Containern eingesetzt. Diese bestehen aus mehreren Lagerblöcken. Transport und Stauen der Boxen übernehmen Portalkräne.
Vollautomatisches, fahrerloses Transportfahrzeug, das auf dem HHLA Container Terminal Altenwerder die Container zwischen den Containerbrücken an der Wasserseite und dem Blocklager bewegt.
Leistungskennziffer im Bahnverkehr, die sich aus dem Produkt von transportierter Menge und zurückgelegter Strecke ergibt