Ausblick auf das Branchenumfeld

Nachdem der weltweite Containerumschlag im Jahr 2019 nur schwach zulegte, erwartet das Marktforschungsinstitut Drewry für 2020 eine höhere Dynamik und geht von einer Zuwachsrate von 3,3 % aus. Allerdings berücksichtigt die Prognose weder die jüngsten Entwicklungen im Handelsstreit zwischen den USA und China noch die wirtschaftlichen Auswirkungen des in China grassierenden Coronavirus auf den Welthandel.

Wachstumsimpulse für das laufende Geschäftsjahr werden vor allem von den Fahrtgebieten Asien (+ 3,4 %), insbesondere Südasien (+ 5,0 %), sowie Afrika (+ 4,2 %) und Lateinamerika (+ 3,4 %) ausgehen. Für China, das wichtigste Fahrtgebiet für den Hamburger Hafen, erwartet Drewry 2020 einen kräftigeren Anstieg des Containerumschlags als noch im vergleichsweise schwachen Vorjahr, jedoch weiterhin klar unterhalb von 5 %. Die Aussichten für die europäischen Fahrtgebiete haben sich hingegen insgesamt spürbar eingetrübt. Nach Schätzungen der Experten soll das Fahrtgebiet Europa 2020 nur noch mit einer Rate von 2,8 % wachsen. Das nachlassende Umschlagwachstum schlägt sich in fast allen Teilgebieten nieder, nur für die Häfen im östlichen Mittelmeer sowie im Schwarzen Meer prognostiziert Drewry einen Aufschwung gegenüber 2019. Für alle anderen europäischen Fahrtgebiete liegen die Schätzungen unter den Vorjahreswerten. Die Auswirkungen des Coronavirus sind in den Wachstumserwartungen bislang nicht berücksichtigt.

Ende Februar gab Drewry eine qualitative Einschätzung zu möglichen Auswirkungen des Coronavirus heraus. Im momentan als wahrscheinlich angenommenen Basisszenario wird davon ausgegangen, dass China das Virus eindämmen und daher im Laufe des zweiten Quartals zu einer normalen Geschäfts- und Produktionstätigkeit zurückkehren kann. Sollte sich die Verbreitung des Coronavirus von einem Ende der Lieferkette zum anderen verlagern und insbesondere konsumstarke Regionen wie Europa und Nordamerika betroffen sein, erwartet Drewry einen stärkeren Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, wobei die Schwere davon abhängt, wie weit der Ausbruch reicht und inwieweit die betroffenen Länder ihn eindämmen können. Mit einer Erholung der Weltwirtschaft rechnet Drewry in diesem Szenario erst im Jahr 2021. Gleichzeitig betonen die Experten jedoch, dass derzeit zu viel Unsicherheit herrscht, um die tatsächlichen Effekte verlässlich abschätzen zu können.

Erwarteter Containerumschlag nach Fahrtgebieten

Wachstumserwartung1 in %

 

2020

 

Trend vs. 2019

1

vor Auswirkungen durch das Coronavirus

Quelle: Drewry Maritime Research, Dezember 2019

Welt

 

3,3

 

Asien

 

3,4

 

China

 

3,4

 

Europa insgesamt

 

2,8

 

Nordwesteuropa

 

3,0

 

Skandinavien und baltischer Raum

 

2,8

 

Westliches Mittelmeer

 

1,9

 

Östliches Mittelmeer und Schwarzes Meer

 

3,2

 

Angesichts des vorhandenen bestehenden strukturellen Angebotsüberhangs an Containerterminalkapazitäten in der und der Ostsee besteht auch 2020 ein intensiver Wettbewerb zwischen den Häfen. Durch die leicht nachlassende Nachfrage, die Drewry für die nordeuropäischen Häfen prognostiziert, ist 2020 keine Entspannung zu erwarten. Gleichzeitig ist durch die Übernahmen und Fusionen sowie durch die Bildung neuer Allianzen die Verhandlungsmacht der Reeder gegenüber den Hafenbetreibern spürbar gestiegen.

Die Lage auf dem Containerschifffahrtsmarkt ist weiterhin angespannt. Der Zuwachs an Gesamtkapazität der Containerschiffflotte soll sich 2020 durch nachlassende Bestelltätigkeit der Reeder und verzögerte Auslieferungen nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts AXS Alphaliner weiter abschwächen. Insgesamt soll die Gesamtkapazität der Containerschiffflotte im Prognosezeitraum mit 3,1 % langsamer wachsen als die weltweite Nachfrage. Für 2020 wird die Auslieferung von etwa 200 Schiffen mit einer Stellplatzkapazität von rund 1,1 Mio. erwartet. Davon werden 20 Schiffe der +18.000-TEU-Klasse angehören. Die Marktbedingungen für die Reeder werden 2020 als Folge der Einführung der IMO2020-Verordnung durch die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) als Maßnahme zur Verringerung des Einsatzes von niedrigschwefeligem Treibstoff herausfordernd. Gleichwohl geht Drewry davon aus, dass die Reeder ihre Mehrbelastung durch die erhöhten Bunkerkosten an die Kunden weitergeben können, und erwartet für den Prognosezeitraum ein Wachstum der durchschnittlichen Frachtraten von 6,6 %. Allerdings ist die Frachtratenentwicklung stark von der hohen Volatilität der Rohölpreise und den dadurch schwer prognostizierbaren Bunkerkosten abhängig.

Im Hinblick auf das ungebrochene Schiffsgrößenwachstum und das damit verbundene erhöhte Mengenaufkommen pro Schiffsanlauf wird der Druck auf die und die Hinterlandtransportsysteme weiter zunehmen.

Erwarteter Güterverkehr in Deutschland nach Verkehrsträgern

Wachstumserwartung in Deutschland in %

 

2020

 

Trend vs. 2019

Quelle: Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur; September 2019

Transportaufkommen

 

1,7

 

Straßenverkehr

 

1,9

 

Eisenbahnverkehr

 

1,3

 

Kombinierter Verkehr

 

4,6

 

Transportleistung

 

2,5

 

Straßenverkehr

 

2,7

 

Eisenbahnverkehr

 

2,5

 

Kombinierter Verkehr

 

4,6

 

Die zuletzt im September 2019 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur herausgegebene Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr in Deutschland sieht für das Jahr 2020 eine beschleunigte Entwicklung im gesamten deutschen Güterverkehrsmarkt. Die Experten rechnen für den gesamtmodalen Güterverkehr gegenüber dem Vorjahr mit einer kräftigen Steigerung sowohl des Transportaufkommens als auch der Transportleistung (als Produkt aus Transportmenge und Transportentfernung). Vom beschleunigten Wachstum dürften alle Verkehrsträger profitieren. Für den Straßengüterverkehr wird für 2020 im Transportaufkommen ein Zuwachs von 1,9 % und in der Transportleistung von 2,7 % prognostiziert. Der Eisenbahngüterverkehr soll nach schwachen Jahren auf seinen längerfristigen Wachstumspfad zurückfinden. Nach einem Rückgang um 1,1 % im Vorjahr wird im Prognosezeitraum ein um 1,3 % höheres Güteraufkommen auf der Schiene geschätzt. Gleichzeitig wird auch in der Transportleistung wieder ein Wachstum von 2,5 % im Jahr 2020 erwartet. Noch dynamischer soll sich der Kombinierte Verkehr entwickeln, dessen Aufkommen und Leistung voraussichtlich jeweils um 4,6 % zulegen werden.

Nordrange

Nordeuropäische Küste, an der im weiteren geografischen Sinn alle nordeuropäischen Überseehäfen von Le Havre bis Hamburg liegen. Zu den vier größten Häfen zählen Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam und Antwerpen.

TEU (Twenty Foot Equivalent Unit)

Genormter 20-Fuß-Standardcontainer, der als Maßeinheit zur Zählung von Containermengen dient. Ein 20-Fuß-Standardcontainer ist 6,06 Meter lang, 2,44 Meter breit und 2,59 Meter hoch.

Terminal

In der maritimen Logistik versteht man darunter eine Anlage für den Umschlag von Gütern auf verschiedene Verkehrsträger.