Ausblick auf das Branchenumfeld

Die Stärke und die Geschwindigkeit des Umschlagwachstums infolge der konjunkturellen Erholung sowie die anhaltenden Schiffsverspätungen haben 2021 zu einer starken Überlastung der Häfen geführt. Die Terminalbetreiber waren mit stark verspäteten, außerplanmäßigen Schiffsanläufen, steigenden Verweildauern der Container, Engpässen in der landseitigen Transportkette sowie Personalmangel durch Coronavirus-Ausbrüche konfrontiert. Auch 2022 werden die Störungen in den Lieferketten und die Engpasssituation vor allem in den Vorhäfen eine hohe Umschlagdynamik beeinträchtigen. Aus diesem Grund hat das Marktforschungsinstitut Drewry seine Prognose für den Weltcontainerumschlag im Vergleich zu September nach unten angepasst und erwartet für 2022 eine Zuwachsrate von 4,6 % (vormals: 8,2 %).

Für China, das wichtigste Fahrtgebiet für den Hamburger Hafen, erwartet Drewry 2022 einen Anstieg des Containerumschlags von 4,8 %. Die Aussichten für die europäischen Häfen deuten für 2022 auf ein beschleunigtes Wachstum. Nach Schätzungen der Experten soll das Fahrtgebiet Europa im laufenden Geschäftsjahr um 6,0 % wachsen. Der Aufschwung schlägt sich in fast allen europäischen Fahrtgebieten nieder, nur für die nordwesteuropäischen Häfen wird gegenüber 2021 eine nachlassende Umschlagdynamik erwartet.

Erwarteter Containerumschlag nach Fahrtgebieten

Wachstumserwartung in %

 

2022

 

Trend vs. 2021

Welt

 

4,6

 

Asien insgesamt

 

4,8

 

China

 

4,8

 

Europa insgesamt

 

6,0

 

Nordwesteuropa

 

4,6

 

Skandinavien und baltischer Raum

 

7,6

 

Westliches Mittelmeer

 

6,8

 

Östliches Mittelmeer und Schwarzes Meer

 

7,3

 

Quelle: Drewry Maritime Research; Dezember 2021

Angesichts der vorhandenen Containerterminalkapazitäten in der und der Ostsee wird der intensive Wettbewerb zwischen den Häfen anhalten. Von den Engpässen in den führenden Häfen der Nordrange durch die gestörten Lieferketten profitieren kleinere Häfen wie Wilhelmshaven, Zeebrugge und Dunkerque.

Auch die Lage auf dem Containerschifffahrtsmarkt bleibt angespannt. In der Vergangenheit waren die hohe Bestellaktivität der Reeder und die aufgebauten Überkapazitäten in der Containerschiffflotte Ursache für diese Situation. Angesichts der deutlichen wirtschaftlichen Imbalancen infolge der Pandemie kommt es jedoch zu erheblichen Kapazitätsengpässen in der Containerschifffahrt. Schiffe und Container sind wegen der hohen Transportnachfrage Mangelware und haben die Frachtraten insbesondere im Spotmarkt auf Rekordhöhen geführt. Gleichzeitig hat die Termintreue der Linienreeder spürbar abgenommen.

Das Marktforschungsinstitut AXS Alphaliner geht davon aus, dass die Gesamtstellplatzkapazität der Flotte im Prognosezeitraum auf 26,0 Mio. ansteigen wird. Für 2022 wird die Auslieferung von 185 Schiffen mit einer Stellplatzkapazität von rund 1,1 Mio. TEU erwartet. Davon werden zehn Schiffe der 18.000 – 24.000-TEU-Klasse angehören.

Im Hinblick auf das ungebrochene Schiffsgrößenwachstum und das damit verbundene erhöhte Mengenaufkommen pro Schiffsanlauf wird der Druck auf die und die Hinterlandtransportsysteme anhalten. Zudem werden die Herausforderungen aktuell durch den weltweit stark gestörten Containerlinienverkehr erhöht. Infolge stark unregelmäßiger Schiffsanläufe und veränderter Rotationen und von Hafenauslassungen steigen die durchschnittlichen Anlaufmengen, so dass die Umschlagspitzen zunehmen und die Häfen und die gesamte Logistikkette weiterhin belasten.

Erwarteter Güterverkehr in Deutschland nach Verkehrsträgern

Wachstumserwartung in %

 

2022

 

Trend vs. 2021

Transportaufkommen

 

3,1

 

Straßenverkehr

 

3,0

 

Eisenbahnverkehr

 

4,2

 

Kombinierter Verkehr

 

5,3

 

Transportleistung

 

3,7

 

Straßenverkehr

 

3,5

 

Eisenbahnverkehr

 

4,8

 

Kombinierter Verkehr

 

5,7

 

Quelle: Gleitende Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur; November 2021

Die zuletzt im November 2021 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur herausgegebene Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr in Deutschland sieht für das Jahr 2022 eine fortwährende Erholung im gesamten deutschen Güterverkehrsmarkt. Die Experten rechnen für den gesamtmodalen Güterverkehr gegenüber dem Vorjahr mit einer kräftigen Steigerung des Transportaufkommens. In der Transportleistung – als Produkt aus Transportmenge und Transportentfernung – wird sich hingegen eine von den Experten erwartete Abschwächung des Außenhandels in geringeren Wachstumsraten bemerkbar machen. Für den Straßengüterverkehr wird für 2022 im Transportaufkommen ein Zuwachs von 3,0 % und in der Transportleistung von 3,5 % prognostiziert. Im Eisenbahngüterverkehr wird sich der außerordentlich starke Anstieg der Massenguttransporte im Jahr 2022 nicht wiederholen. Im Güteraufkommen auf der Schiene verringert sich die Zuwachsrate auf 4,2 %, gleichzeitig wird auch die Transportleistung mit 4,8 % in 2022 langsamer steigen. Hingegen wird der Kombinierte Verkehr im laufenden Jahr voraussichtlich kaum an Tempo verlieren. Das Aufkommen wird um 5,3 % und die Leistung um 5,7 % zulegen.

Nordrange

Nordeuropäische Küste, an der im weiteren geografischen Sinn alle nordeuropäischen Überseehäfen von Le Havre bis Hamburg liegen. Zu den vier größten Häfen zählen Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam und Antwerpen.

TEU (Twenty Foot Equivalent Unit)

Genormter 20-Fuß-Standardcontainer, der als Maßeinheit zur Zählung von Containermengen dient. Ein 20-Fuß-Standardcontainer ist 6,06 Meter lang, 2,44 Meter breit und 2,59 Meter hoch

Terminal

In der maritimen Logistik versteht man darunter eine Anlage für den Umschlag von Gütern auf verschiedene Verkehrsträger